Für Gewaltfreiheit in der Geburtshilfe:„Roses Revolution Day“
Zum internationalen „Roses Revolution Day“ trafen sich sieben Frauen in Polch, um über eigene belastende Gewalterfahrungen im Umfeld der medizinischen Geburtsbegleitung zu sprechen. Immer wieder gibt es im Zusammenhang von Schwangerschaft und Geburt verbale, körperliche und psychoemotionale Gewalt. Hierüber konnten sich die Frauen mit Daria Dötsch und Isabel Schönig austauschen. Erstaunt und doch erleichtert waren die Frauen zu erfahren, dass sie mit dem Erlebten nicht alleine sind. Der „Roses Revolution Day“, der am 25. November stattfindet – das Treffen fand etwas später statt – macht auf Gewalt an Frauen aufmerksam, die während der medizinischen Geburtsbegleitung vielfach verübt wird.
In Polch sprachen die Frauen über Schwangerschaft und Geburt und berichteten von dabei erlebter verbaler, körperlicher und psychoemotionaler Gewalt.
Männern, denen in der Coronazeit die Teilnahme an der Geburt verwehrt wurde, leben seither mit dem Selbstvorwurf, ihre Frauen alleine gelassen zu haben. „Das können Sie gleich mit dem Arzt diskutieren“, wurde einer Frau gesagt, die einen venösen Zugang ablehnen wollte. Das Fazit der Teilnehmerin: „Krankenhausstandards scheinen Vorrang vor der Entscheidungsfreiheit der Gebärenden zu haben.“ Dem eigenen Empfinden, dass die Wehen eingesetzt haben, wird mit dem Satz widersprochen: „Das CTG zeigt keine Wehen an.“ Ohne Erklärung und ohne das Einverständnis der Gebärenden einzuholen ließ eine Hebamme die Fruchtblase platzen. Ohne umfängliche Aufklärung über die Möglichkeiten die Geburt eines verstorbenen Kindes in der 15. Schwangerschaftswoche zu begleiten, wird eine Ausschabung durchgeführt. Das empfindet die Mutter als sehr würdelos! Im Wochenbett erfährt sie, dass sie ihr Kind auch hätte normal gebären können. Dazu hätte sie sich entschieden, hätte die Ärztin ihr die Wahl gelassen! Tiefe Traurigkeit ist geblieben und das Gefühl, um ihr Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrecht betrogen worden zu sein. Zwischen sechs Wochen und 25 Jahre tragen die Frauen das Erlebte mit sich. Auch deutlich ältere Frauen denken an ihre Geburten, denn „geboren wird nicht nur das Kind durch die Mutter, sondern auch die Mutter durch das Kind“, wie es einst die Schriftstellerin Gertrud von le Fort formulierte. Eine Geburt ist für eine Frau ein prägendes Ereignis, und das kann im Guten wie im Schlechten sein. Eine gute Geburt hat auch für das Kind und den Vater Einfluss auf einen guten Start ins Familienleben und auf die lebenslange innige Bindung untereinander. Daher ist es gut, wenn Frauen Unterstützung und eine gute Begleitung während der Schwangerschaft, Geburt und im Wochenbett erhalten. Aufgrund der belastenden Vorerfahrungen bei der Geburt ihres Kindes brachte eine Mutter ein weiteres Kind zu Hause zur Welt. Gerade für die Frauen mit Kinderwunsch war es hilfreich, nach traumatischen Erfahrungen mehr über eine selbstbestimmte Geburt zu erfahren. Ein früher Kontakt zur Hebamme ihrer Wahl unterstützt Frauen auf ihrem selbstbestimmten Weg durch Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Eine Teilnehmerin machte Mut, das Erlebte nicht zu verdrängen, sondern sich damit auseinanderzusetzen. Nach einer Traumatherapie ist sie gestärkt und mit sich in Frieden.
Traumatherapeutische Unterstützung bieten u.a. die Lebensberatungsstelle oder das Projekt Peperina. Eine erste Anlaufstelle können das „Hilfe-Telefon schwierige Geburt“ sowie die Fachstelle Frühe Hilfen sein, die Frauen beim Ordnen ihrer Gedanken unterstützen und gemeinsam überlegen, welche Ansprechpartner und Handlungen im nächsten Schritt helfen könnten.
Zum Abschluss blieb der Wunsch, auch im neuen Jahr um den Roses Revolution Day, eine Veranstaltung für Frauen, anzubieten. Da es auch für Männer Gesprächsbedarf gibt, soll für sie ebenfalls ein Abend angeboten werden.